Empathieberufe und Resilienz

Wie viel Empathie erfordert Ihr Job? Gerade Menschen, die beruflich in helfender oder unterstützender Funktion tätig sind, benötigen im Alltag Mitgefühl, um den Menschen, mit denen sie arbeiten, voller Menschlichkeit entgegenzutreten und ihren Job gut zu erfüllen. Allerdings gibt es auch in einem Zeitalter, in dem Maschinen und KI den Produktions- und Dienstleistungssektor revolutionieren, Berufszweige, die nicht von künstlichen Entitäten übernommen werden können. In dem Zusammenhang spricht der deutsche Publizist und Philosoph Richard David Precht von „Empathieberufen“ als die Zukunft der Arbeit.

Warum brauchen Menschen in Empathieberufen Resilienz?

Resilienz Akademie | Empathieberufe und ResilienzEmpathieberufe sind Tätigkeiten, bei denen der ständige Kontakt mit den Emotionen anderer Menschen im Vordergrund steht. Das können zum Beispiel Pflegekräfte, Therapeuten und Coaches, Sozialarbeiter:innen oder Lehrer:innen sein. Dabei ist unbestreitbar, dass Empathie in jedem Beruf eine wertvolle Fähigkeit ist, um ein gelingendes Miteinander zu führen, Konflikte zu vermeiden oder z.B. eine gute Führungskraft zu sein.

Doch gerade in Berufen, die darauf ausgelegt sind, in einen wertschätzenden Kontakt mit anderen zu treten, spielt Resilienz noch einmal eine besondere Rolle, was die eigenen Emotionen betrifft. Denn diese Art der Arbeit kann auch förderlich für psychische Belastung und Burn-out sein. Um den Wirkmechanismus dahinter zu verstehen, schauen wir uns zunächst zwei Arten der Empathie an.

Affektive Empathie vs. Kognitive Empathie

In Empathieberufen wird zwischen affektiver und kognitiver Empathie unterschieden. Affektive Empathie bedeutet, die Gefühle anderer zu teilen und emotional mitzuerleben. Dies kann emotional belasten, da die eigenen Emotionen stark durch die der anderen beeinflusst werden. Kognitive Empathie hingegen bezieht sich auf das Verstehen der Emotionen anderer, ohne sie selbst zu empfinden. Beide Formen der Empathie erfordern eine hohe Resilienz, um die Balance zwischen Mitgefühl und emotionaler Gesundheit zu wahren.

Affektive Empathie bringt eine intensive emotionale Beteiligung mit sich. Menschen, die in Berufen wie Pflege, Therapie oder Sozialarbeit tätig sind und affektive Empathie stark ausleben, erleben oft die Gefühle ihrer Patient:innen oder Klient:innen als ihre eigenen. Dies kann zu emotionaler Erschöpfung und sekundärer Traumatisierung führen, da die ständige Konfrontation mit Leid und Schmerz auch ihre eigene psychische Gesundheit beeinflusst. Daher benötigen sie Strategien, um sich emotional abzugrenzen und sich selbst zu schützen.

Kognitive Empathie hingegen ermöglicht es, die Perspektive anderer Menschen zu verstehen und ihre Emotionen nachzuvollziehen, ohne sie selbst zu übernehmen. Diese Form der Empathie fördert eine objektivere und rationalere Herangehensweise im Umgang mit den Emotionen anderer, allerdings ohne, dass die Emotionen uns „kalt“ lassen. Ein Sozialarbeiter, der kognitive Empathie nutzt, kann beispielsweise die Trauer eines Kindes nachvollziehen, das gerade einen Verlust erlitten hat, ohne selbst in diese Trauer einzutauchen. Dies ermöglicht es ihm, klare und effektive Unterstützung zu bieten, ohne selbst emotional überwältigt zu werden. Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigt auch, dass Pflegekräfte mit höherer kognitiver Empathie weniger anfällig für emotionalen Stress und Erschöpfung sind (Thomas & Otis, 2010).

Wir können also schon einmal festhalten: Menschen in Empathieberufen brauchen Resilienz, um Mitgefühl statt Mitleid zu empfinden und um handlungsfähig zu bleiben, ohne sich von Emotionen anderer überwältigen zu lassen.

Emotionale Dissonanz

Ein weiterer Grund, weshalb gerade in Empathieberufen Resilienz eine zentrale Kompetenz für die Erhaltung von mentaler Gesundheit ist, ist das Risiko der emotionalen Dissonanz. Dieser Begriff beschreibt das Gefühl, wenn die inneren Empfindungen und Emotionen nicht dem entsprechen, was wir nach außen hin zeigen können oder wollen. Zum Beispiel fühlt eine Pflegekraft in der Onkologieabteilung sich stark betroffen durch das Schicksal ihres Patienten und spürt Trauer, doch sie zeigt professionelles Mitgefühl und Zuversicht, um Trost zu spenden. Mal eine Diskrepanz zu spüren, ist in Ordnung, doch ständige Gegensätzlichkeiten von Gefühltem und Gezeigtem kann langfristig große gesundheitliche Probleme mit sich bringen.

Resilienz Akademie | Empathieberufe und ResilienzEine experimentelle Studie zeigte, dass emotionale Dissonanz, bzw. das Unterdrücken von Emotionen den Stresspegel steigen lässt und auch die Blutgefäße sich verengten, wodurch der Blutdruck steigt. Die Versuchspersonen wurden dazu instruiert, während einer emotionalen Diskussion ihre Gefühle zu unterdrücken und so neutral wie möglich zu sprechen. Der Diskussionspartner/ die -partnerin hingegen bekam keine Instruktionen. Neben den Auswirkungen auf die körperliche Stressreaktion kam als Ergebnis heraus, dass diejenigen, die ihre Gefühle unterdrücken sollten, die Unterhaltung auch als sehr anstrengend empfunden haben (Peters, Overall, & Jamieson, 2014).

Doch es kann auch drastischere Folgen haben. Eine Studie mit 220 Flugbegleitenden zeigte, dass emotionale Dissonanz, durch ständiges Lächeln unabhängig vom eigentlichen Gefühlszustand, sogar ein größeres Risiko für Burn-out darstellte, als Zeitdruck oder ein hohes Arbeitspensum (Heuven & Bakker, 2003).

Resilienz ist hier durch den Zusammenhang mit Emotionsregulation und kognitiven Copingstrategien eine wertvolle Fähigkeit, um das Risiko von körperlicher und mentaler Belastung zu minimieren.

Emotionale Erschöpfung

Emotionale Erschöpfung ist ein Zustand tiefer mentaler und emotionaler Müdigkeit, der durch anhaltenden Stress und hohe emotionale Anforderungen verursacht wird. Es ist eine der Hauptkomponenten des Burn-out-Syndroms, neben Zynismus und verminderter beruflicher Leistungsfähigkeit. Emotionale Erschöpfung geht weit über gewöhnliche Müdigkeit hinaus und führt zu einem Gefühl der Ausgelaugtheit, bei dem die betroffene Person das Gefühl hat, nichts mehr geben zu können. Dieser Zustand kann schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben, einschließlich Schlafstörungen, Depressionen, Angstzuständen und körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen und Magenproblemen.

In der Forschung wird emotionale Erschöpfung häufig mittels des Maslach Burnout Inventory gemessen (Maslach & Jackson, 1981). Der Fragebogen dazu besteht aus folgenden Einschätzungen (auf einer Skala von 1 – sehr milde bis 7 – sehr stark):

  • Ich fühle mich durch meine Arbeit emotional ausgelaugt
  • Ich fühle mich am Ende des Arbeitstages erschöpft
  • Ich fühle mich müde, wenn ich morgens aufstehe und einen weiteren Arbeitstag vor mir habe. Den ganzen Tag mit Menschen zu arbeiten ist für mich eine große Belastung.
  • Ich fühle mich von meiner Arbeit ausgebrannt
  • Ich fühle mich von meinem Job frustriert
  • Ich habe das Gefühl, dass ich in meinem Job zu viel arbeite
  • Der direkte Umgang mit Menschen bedeutet für mich zu viel Stress
  • Ich habe das Gefühl, dass ich am Ende meiner Kräfte bin

Warum gerade Empathieberufe von emotionaler Erschöpfung besonders betroffen sein können, hat mehrere Gründe. Zum Beispiel fühlen sich Menschen in helfenden Funktionen häufig verantwortlich für das emotionale Wohlbefinden ihrer Klient:innen oder Patient:innen – und diese Verantwortung kann überwältigend sein, insbesondere, wenn man das Gefühl bekommt, die eigenen Bemühungen seien nicht ausreichend. Auch hohe emotionale Erwartungen spielen eine erschöpfende Rolle, schließlich muss ein Notarzt auch in einer brenzlichen Situation Ruhe und Fassung bewahren, obwohl er möglicherweise selbst Stress und Angst spürt. Und ein abschließendes Beispiel ist auch die ständige emotionale Interaktion mit anderen Menschen und die regelmäßige Konfrontation mit deren intensiven Emotionen, dessen Resonanz reguliert werden muss.

Burn-on und Burn-out

Es zeigt sich also, dass Empathieberufe auf verschiedene Art und Weise einer besonderen Belastung ausgesetzt sind. Es kann passieren, dass die Menschen bis an ihre Grenzen und auch darüber hinaus gehen, um anderen Menschen zu helfen.

In diesem Zusammenhang spricht man im Volksmund auch vom Helfer-Syndrom oder Helfer-Komplex. Bei diesem Phänomen handelt es sich um ein psychologisches Muster, bei dem Menschen einen starken Drang verspüren, anderen zu helfen und sich um sie zu kümmern, oft auf Kosten ihrer eigenen Bedürfnisse und Gesundheit. Selbstaufopferung und Schwierigkeiten, Hilfe in Anspruch zu nehmen, gehen hier Hand in Hand, sodass Betroffene in eine negativ-Spirale der Erschöpfung geraten.

Burn-on – an der Schwelle zum Abgrund

Allerdings muss nicht immer ein Helfer-Syndrom dahinter stecken, wenn Menschen in Empathieberufen in chronische Erschöpfung geraten. In dem Zusammenhang möchten wir das Burn-on-Syndrom ansprechen. Im Gegensatz zu Burn-out ist Burn-on keine im ICD-11 klassifizierte Krankheit, sondern beschreibt vielmehr einen Zustand, der vor dem Burn-out stattfindet. Es ist ein Leben auf der Schwelle zum absoluten Zusammenbruch. Eigentlich ist der Mensch bereits am Ende seiner Kräfte und merkt diese Erschöpfung mental und körperlich sehr stark, doch trotzdem gelingt noch das ‚normale‘ Funktionieren im Alltag.

Ein moderierender Faktor hierbei könnte der Schutzfaktor Sinn sein. Menschen in Empathieberufen sehen oft einen größeren Sinn in ihrem Tun. Sie arbeiten für die Menschen und sammeln wahrscheinlich auch positive und Sinn stiftende Erfahrungen in ihrem Berufsalltag. Eine von vielen Studien zu dem Thema stellte heraus, dass Sinn (gemessen als „meaning in life“) negativ mit Burn-out bei jungen pakistanischen Ärzten zusammenhing (Iqbal, 2022). Sinn wirkt sich positiv auf unsere Resilienz aus und schützt vor dem Risiko eines Burn-outs.

Wenn allerdings an anderen Stellen dennoch keine Entlastung stattfindet, also die Betroffenen beispielsweise wenig Emotionsregulation anwenden und stark affektiv empathisch reagieren, kann das trotzdem auf Dauer zu chronischer Erschöpfung führen. Und zwar zu einer emotionalen Erschöpfung, die gerade eben so das Überleben sichert, aber das Wohlbefinden stark leidet. Besonders in Kombination mit einem ausgeprägten Bedürfnis zu helfen oder einem Antreiber „Mach es allen recht“ kommt es dann zum Burn-on. Hier braucht es allerdings noch mehr wissenschaftliche Untersuchungen, um das Phänomen zu ergründen.

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Burn-out – Der Notschalter des Systems

Wenn der Sinn jedoch fehlt, oder die äußeren Rahmenumstände das Erleben von Sinn und Bedeutsamkeit als Arbeitskraft im Beruf erschweren, dann fehlt eben dieser moderierende, schützende Faktor. Nach dem Maslach Burnout Inventory findet dann auch Depersonalisierung und Zynismus statt, was als wesentliche Bestandteile von Burn-out gelten. Mit anderen Worten, die Empathiefähigkeit nimmt ab, was in Empathieberufen natürlich fatal ist.

Unser Körper hat für den Fall, dass wir konsequent unsere Bedürfnisse ignorieren und über unsere Grenzen gehen, ein sehr wertvolles und kluges System geschaffen: Den Burn-out. Wir finden es nützlich, Burn-out trotz seiner drastischen negativen Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit als Kompetenz zu würdigen. Denn ohne diesen Notschalter, würden wir uns Wort wörtlich zu Tode arbeiten.

Resilienz wirkt sowohl präventiv als auch kurativ. Das bedeutet, schon bevor es überhaupt zum Ausbrennen kommt, können resilienzfördernde Maßnahmen, wie beispielsweise Emotionsregulationstechniken, helfen, Erschöpfung zu reduzieren und den Fokus auf die Erholung zu legen. Wenn es allerdings doch zum schlimmsten Fall der Erschöpfung, also dem Burn-out, kommt, ist Resilienz die Fähigkeit, sich schneller wieder in die Regeneration zu bringen, mentale und körperliche Gesundheit wieder aufzubauen und aus der Krise zu wachsen.

Was sind Empathieberufe?

Nun haben wir schon viel über Empathieberufe gesprochen, aber noch nicht wirklich erklärt, was wir darunter verstehen. Der Begriff der „Empathieberufe“ stammt von Richard David Precht, allerdings gibt er keine direkte Definition, sondern benutzt diese Bezeichnung eher, um dieses Tätigkeitsfeld von jenen Berufen abzugrenzen, die seiner Meinung nach in Zukunft durch Computer ersetzt werden können. Deswegen versuchen wir uns hier an einer Definition:

Empathieberufe sind Berufe, die ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz, Mitgefühl und die Fähigkeit erfordern, die Gefühle, Bedürfnisse und Perspektiven anderer Menschen zu verstehen und darauf einzugehen. Diese Berufe zeichnen sich durch direkten menschlichen Kontakt aus, bei dem die zwischenmenschliche Interaktion und die Verbesserung des Wohlbefindens des anderen eine zentrale Rolle spielen.

Sie zeichnen sich also durch vier Hauptaspekte aus:

  • Hohe emotionale Intelligenz
  • Mitgefühl und Verständnis
  • Direkte menschliche Interaktion
  • Unterstützung und Pflege

Beispiele für Empathieberufe

Im Folgenden geben wir eine Beispielhafte Liste solcher Empathieberufe, die keinen Anspruch darauf erhebt, vollständig zu sein. Sie soll Ihnen lediglich eine Einordnung geben können.

Gesundheitswesen

  1. Ärzte und Ärztinnen: Insbesondere Allgemeinmediziner:innen, Kinderärzte, Onkolog:innen, Psychiater:innen und Geriater:innen.
  2. Krankenpfleger:innen: Besonders in Intensivpflege, Palliativpflege und Onkologie.
  3. Therapeut:innen: Psychotherapeut:innen, Ergotherapeut:innen, Physiotherapeut:innen und Logopäd:innen.
  4. Sozialarbeiter:innen: In Kliniken, Pflegeheimen, und gemeinnützigen Organisationen.
  5. Geburtshelfer:innen: Betreuung vor, während und nach der Geburt.

Soziale Dienste

  1. Sozialpädagog:innen: Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien in schwierigen Lebenslagen.
  2. Beratungsstellenmitarbeitende: In Bereichen wie Suchtberatung, Familienberatung und Opferhilfe.
  3. Pflegekräfte: In Altenheimen und ambulanten Pflegediensten.

Bildung und Erziehung

  1. Lehrer:innen: Besonders in Grundschulen und Sonderpädagogik.
  2. Erzieher:innen: Arbeit in Kindergärten, Vorschulen und Betreuungseinrichtungen für Kinder.
  3. Schulpsycholog:innen: Unterstützung von Schüler:innen in emotionalen und psychologischen Angelegenheiten.

Rettungsdienste

  1. Rettungssanitäter:innen und Notfallsanitäter:innen: Erste Hilfe und Unterstützung in Notfallsituationen.
  2. Feuerwehrleute: Unterstützung und Rettung in Not- und Katastrophensituationen.

Seelsorge und Spiritualität

  1. Seelsorger:innen: In Krankenhäusern, Gefängnissen und Militärdienst.
  2. Geistliche und religiöse Führende: Pastoren, Priester, Imame, Rabbiner und andere religiöse Betreuer.

Recht und Advocacy

  1. Opferanwälte und Anwältinnen und Opferhelfer:innen: Unterstützung von Opfern von Verbrechen und Missbrauch.
  2. Mediator:innen: Hilfe bei der Lösung von Konflikten und Streitigkeiten.

Sonstige Berufe

  1. Kundenservicemitarbeitende: Insbesondere in Bereichen mit intensivem Kundenkontakt, wie im Gesundheitswesen oder bei gemeinnützigen Organisationen.
  2. Tierschutzarbeitende: Betreuung und Pflege von Tieren in Tierheimen und Auffangstationen.

Empathieberufe vs. Emotionsarbeit

An dieser Stelle müssen wir noch einen kleinen Unterschied einfügen. Wir haben ja bereits angesprochen, dass emotionale Dissonanz ein Risikofaktor für Empathieberufe sein kann. Emotionale Dissonanz tritt jedoch auch häufig in anderen Berufen auf, insbesondere im Dienstleistungssektor. Beispielsweise, wie in der genannten Studie bei Flugbegleiter:innen, aber auch Verkäufer:innen, Friseure, Empfangspersonal, Servicekräften etc.

Hier findet sogenannte Emotionsarbeit statt. Der Begriff wird im Englischen als „Emotional Labour“ bezeichnet und wurde 1983 von der amerikanischen Soziologin Arlie Russel Hochschild mit ihrem Buch „The Managed Heart“ eingeführt. Die deutsche Übersetzung des Titels zeigt, worum es geht: „Das gekaufte Herz“. Die Autorin beschreibt darin das Regulieren von Gefühlen im Kontakt mit Kunden und Kundinnen, Kolleg:innen und Vorgesetzten. Der Begriff beschreibt also die Anstrengungen, die Menschen in diesen Berufen unternehmen müssen, um die eigenen Emotionen in Übereinstimmung mit den Anforderungen ihres Berufes zu bringen.

Die Hauptunterschiede zwischen diesen beiden Bezeichnungen liegen zum einen im Zweck der emotionalen Arbeit und zum andern in der emotionalen Authentizität. Das Hauptziel hinter den Empathieberufen ist das Wohlbefinden (und meist auch die Gesundheit) der betreuten Personen zu fördern. Bei den Emotional-Labour-Berufen hingegen liegt das primäre Interesse darin, die Erwartungen der Kunden und Kundinnen oder des Unternehmens zu erfüllen.

Das beeinflusst auch die emotionale Authentizität. Wenn eine intrinsische Motivation des Helfens und Unterstützens da ist, dann treten häufiger echtes Mitgefühl und echtes Einfühlungsvermögen zutage. Wenn allerdings eine Maske des Lächelns bei der Arbeit getragen wird, fördert das eher eine emotionale Dissonanz.

Wie können wir Resilienz in Empathieberufen fördern?

Resilienz verstehen wir als Fähigkeit, vor, während und nach Problemen, Stress und Krisen sowohl physisch als auch psychisch gesund zu sein und stetig Lernen und persönliches Wachstum zu fördern. Wir haben bereits aufgezeigt, wie Stress in Empathieberufen entstehen kann. An dieser Stelle wollen wir nun darauf eingehen, was Menschen mit diesen Berufen und Berufungen aktiv tun können, um die eigene Resilienz zu stärken.

Emotionale Resilienz gegen emotionale Erschöpfung

Glücks-Guides Aufsteller - Resilienz AkademieGemeinsam haben Sebastian Mauritz und Ruben Langwara, Projektpartner der Resilienz Akademie, das Konzept der emotionalen Resilienz entwickelt. Diese ist gemeinsam mit der mentalen und der seelischen Resilienz Teil der psychischen Resilienz und legt den Fokus ganz konkret auf einen gesunden und funktionalen Umgang mit unseren Emotionen. Sodass wir diese Hüter unseres Lebens für das Erreichen von Gesundheit und Wohlbefinden einsetzen können, und sie nicht gegen uns und unsere Ziele arbeiten.

In der Fortbildung Emotionale Resilienz lernen Menschen mit Empathieberufen und Trainer:innen, die mit Menschen in solchen Berufen arbeiten, zwei grundlegende Dinge, um die individuelle Resilienz in diesem Feld zu stärken.

Zum einen beinhaltet die emotionale Resilienz die Stärkung der kognitiven Empathie. Sie lernen die menschlichen Emotionen als Glücks-Guides kennen, sodass Sie die Funktion hinter allen Emotionen – angenehme wie unangenehme – besser verstehen und im Alltag wertschätzen können. Sie trainieren die Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion Ihrer Hüter, was die kognitive Verarbeitung von Emotionen anderer stärkt. Mit anderen Worten, sie erkennen Emotionen bei anderen Menschen und können empathisch auf diese reagieren, ohne von der eigenen Emotionsenergie aufgezehrt zu werden.

Zum anderen schließt die emotionale Resilienz die Emotionsregulation mit ein, mit dem Ziel, durch Emotionswissen und -regulation die eigene emotionale Flexibilität zu erweitern. Sie beugen emotionaler Dissonanz und auch emotionaler Erschöpfung vor, indem Sie von innen heraus Ihre Emotionen kontrollieren und Spannungen so lösen können.

Hier geht’s zur Ausbildung: Fortbildung Emotionale Resilienz

Resilienz-Tipp: Emotionsregulation

Einen kleinen aber sehr effektiven Resilienz-Tipp zur Emotionsregulation möchten wir allerdings hier schon mit Ihnen teilen, sodass Sie, sollten Sie nun nach dem Lesen des Textes Stress am Arbeitsplatz merken, direkt etwas Praktisches an der Hand haben. Und zwar das Atmen.

Zurecht könnten Sie jetzt denken: „Das mache ich doch eh schon und habe trotzdem Stress?!“ Schließlich wären Sie kaum in der Lage diese Zeilen zu lesen, würden Sie nicht regelmäßig ein- und ausatmen. Doch die Art wie wir das tun, kann schon einen großen Unterschied machen. Deswegen möchten wir Ihnen hier die One-Minute-Meditation oder auch achtsame Atmung als wirksames Tool zur Stress- und Emotionsregulation anbieten.

Alles, was Sie dazu brauchen, sind 60 Sekunden Zeit. Sie können den Anweisungen auch gerne jetzt direkt beim Lesen folgen. Nehmen Sie für vier Sekunden einen tiefen Atemzug in den Bauch durch die Nase ein – und lassen Sie den Atem ganz natürlich für sechs Sekunden ausströmen, egal ob durch Mund oder Nase. Wiederholen Sie diese ausatmungsfokussierte Atmung nun weitere fünf Male oder eben für so lange, wie es sich gut anfühlt.

Diese Übung wirkt auf mehrfachen Ebenen regulierend. Zum einen reicht allein die Achtsamkeitslenkung auf den Atem, um sich regulierend auf unser Emotions- und Stressnetzwerk im Gehirn. Zum zweiten aktiviert die verlangsamte Atmung mit Fokus auf die Ausatmung den Parasympathikus – also den Teil des Nervensystems, der für Ruhe und Erholung zuständig ist. Und zuletzt wirkt sich diese Atmung direkt auf die gesunde Schwingungsfähigkeit unseres Herzens, die Herzratenvariabilität (HRV) aus, die ein maßgeblicher Teil der körperlichen Resilienz darstellt.

Resilienz-Tipp: Kommunikation

Ein weiterer Resilienz-Tipp, der Stress in Empathieberufen reduzieren kann, ist die sogenannte Zwickmühlenkommunikation. Gerade in Berufen, in denen Menschen eigentlich helfen wollen, doch die Rahmenbedingungen die Umsetzung der Hilfe erschweren, kommt es zu inneren Konflikten. Zum Beispiel will eine Pflegekraft sich gerne Zeit nehmen, und einer Patientin beistehen, die gerade eine schlechte Nachricht bekommen hat, und gleichzeitig hat sie so dann keine Zeit für andere Patienten, die ebenfalls dringend Hilfe brauchen.

Besonders mit einem inneren Antreiber „Mach es allen Recht“ fällt es Menschen häufig schwer, anderen auch mal ein „Nein“ zu schenken und für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Eine Angst dabei ist, wie der Gegenüber die Absage auffassen könnte. Eine gute Methode, diesen inneren Konflikt zu lösen, ist ihn anzusprechen.

„Ich habe da eine Zwickmühle. Eine Seite in mir möchte …. Und eine andere will …“

Denn für einen inneren Konflikt braucht es mindestens zwei Parteien – sozusagen zwei Herzen, die in der Brust schlagen. Indem Sie beiden Seiten Raum geben und die Zwickmühle ansprechen, geben Sie Ihrem Gegenüber die Chance, sie besser zu verstehen. Sie können dann eventuell sogar gemeinsam nach Lösungen suchen. Und Sie lösen innere Anspannung alleine durch das Aussprechen Ihrer Gefühle. Auch das wirkt emotionaler Erschöpfung entgegen.

Wozu ist Resilienz in Empathieberufen wertvoll?

Resilienz ist für Menschen in Empathieberufen von zentraler Bedeutung. Sie hilft, emotionale Erschöpfung zu verhindern, die mentale Gesundheit zu stärken, die Arbeitszufriedenheit und berufliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, eine positive Arbeitskultur zu fördern und die langfristige Karriereentwicklung und persönliche Erfüllung zu unterstützen. Durch die Förderung von Resilienz können Fachkräfte nicht nur ihre eigene psychische Gesundheit schützen, sondern auch ihre Fähigkeit verbessern, anderen effektiv zu helfen und eine nachhaltige und erfüllende Karriere in Empathieberufen zu führen.

Emotionale Erschöpfung verhindern

Resilienz unterstützt dabei, emotionale Dissonanz zu reduzieren – die Diskrepanz zwischen gefühlten und gezeigten Emotionen. Diese Dissonanz kann zu einem ständigen inneren Konflikt führen und die emotionale Erschöpfung verstärken. Durch Resilienzstrategien wie Achtsamkeit, Emotionsregulation und Selbstfürsorge lernen Fachkräfte, ihre eigenen Emotionen besser zu verstehen und zu managen, was die Gefahr der emotionalen Erschöpfung erheblich mindert.

Mentale Gesundheit stärken

Die mentale Gesundheit ist das Fundament für ein erfülltes und produktives Berufsleben. In Empathieberufen ist die psychische Belastung oft hoch, was das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen erhöht. Resilienz hilft, die mentale Gesundheit zu stärken, indem sie die Fähigkeit fördert, sich von Rückschlägen zu erholen und sich in stressigen Situationen zu behaupten.

Durch Resilienz können Fachkräfte in Empathieberufen ein starkes Gefühl der Selbstwirksamkeit entwickeln. Selbstwirksamkeit ist das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, schwierige Situationen zu bewältigen. Dieses Vertrauen ist besonders wichtig, um den ständigen Herausforderungen und emotionalen Belastungen in Empathieberufen standzuhalten. Resiliente Menschen sind besser in der Lage, positive Bewältigungsstrategien zu entwickeln und negative Gedankenmuster zu durchbrechen.

Arbeitszufriedenheit und berufliche Leistungsfähigkeit verbessern

Resilienz trägt wesentlich zur Arbeitszufriedenheit und beruflichen Leistungsfähigkeit bei. Menschen, die resilient sind, haben eine positive Einstellung zu ihrer Arbeit und fühlen sich weniger gestresst und überfordert. Sie können besser mit den täglichen Herausforderungen und Belastungen umgehen, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und einem geringeren Risiko für Burn-out führt.

Studien zeigen, dass resiliente Fachkräfte produktiver und kreativer sind und eine höhere Arbeitsmoral aufweisen (vgl. Bonanno, 2004). Sie sind besser in der Lage, innovative Lösungen für Probleme zu finden und ihre Aufgaben effizienter zu erledigen. Dies führt nicht nur zu einer besseren individuellen Leistung, sondern auch zu einem positiven Arbeitsumfeld und einer höheren Gesamtleistung des Teams.

Förderung einer positiven Arbeitskultur

Resilienz hat auch positive Auswirkungen auf die Arbeitskultur und das Teamklima. Resiliente Mitarbeiter:innen können ihre positiven Einstellungen und Bewältigungsstrategien auf ihre Kollegen und Kolleginnen übertragen, was zu einem unterstützenden und kooperativen Arbeitsumfeld beiträgt. Eine positive Arbeitskultur fördert die Motivation, das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und trägt zur Reduktion von Fehlzeiten und Fluktuation bei.

In Empathieberufen ist ein starkes Team besonders wichtig, da die Arbeit oft emotional belastend und herausfordernd ist. Ein resilientes Team kann sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam Strategien entwickeln, um mit den Belastungen umzugehen. Dies stärkt das Gefühl der Zusammengehörigkeit und des gemeinsamen Ziels, was die Arbeitszufriedenheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden erhöht.

Persönliche Erfüllung

Eine starke Resilienz ermöglicht es Fachkräften, ihre Leidenschaft und ihr Engagement für ihre Arbeit aufrechtzuerhalten, selbst in schwierigen Zeiten. Dies führt zu einer tiefen persönlichen Erfüllung und einem Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit. Resiliente Fachkräfte fühlen sich in ihrer Arbeit wertgeschätzt und sind motiviert, einen positiven Beitrag zu leisten und das Leben anderer zu verbessern.

Quellen

Bonanno, G. A. (2004). Loss, trauma, and human resilience: have we underestimated the human capacity to thrive after extremely aversive events? Am Psychol, 59(1), 20-28. doi:10.1037/0003-066X.59.1.20

Heuven, E., & Bakker, A. (2003). Emotional dissonance and burnout among cabin attendants. European journal of work and organizational psychology, 12(1), 81-100. doi:10.1080/13594320344000039

Hochschild, A. R. (1983). The Managed Heart: Commercialization of Human Feeling. University of California Press.

Iqbal, S. (2022). Correlation between Burnout and Meaning in Life in Doctors in Pakistan: A Cross Sectional Study: Burnout and Meaning in Life in Doctors in Pakistan. Pakistan BioMedical Journal, 50-55.

Maslach, C., & Jackson, S. E. (1981). The measurement of experienced burnout. Journal of Organizational Behavior, 2(2), 99-113.

Peters, B. J., Overall, N. C., & Jamieson, J. P. (2014). Physiological and cognitive consequences of suppressing and expressing emotion in dyadic interactions. Int J Psychophysiol, 94(1), 100-107. doi:10.1016/j.ijpsycho.2014.07.015

Thomas, J. T., & Otis, M. D. (2010). Intrapsychic correlates of professional quality of life: Mindfulness, empathy, and emotional separation. Journal of the Society for Social Work and Research, 1(2), 83-98.

Bildquelle: www.depositphotos.com elderly care@Lighthunter, business man with smiling mask@odua, stand out@robeo123, group of diverse people@rawpixel

Resilienz Akademie | Empathieberufe und ResilienzRebecca van der Linde, M.A. Germanistik und Kulturanthropologie, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Resilienz Akademie. Als Resilienz-Trainerin und Resilienz-Coach betreut sie den Blog der Resilienz Akademie und unterstützt in der konzeptionellen Entwicklung. Zudem agiert als SEO-Managerin für die Website. Ihr Schwerpunkt liegt auf der digitalen Präsenz der Themen rund um individuelle und organisationale Resilienz.

 


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Sebastian Mauritz, M.A. Systemische Beratung, ist einer der führenden Resilienzexperten Deutschlands. Er ist 5-facher Fachbuchautor, Keynote-Speaker, Resilienz-Lehrtrainer, Systemischer Coach, war und ist Vorstand in vielen Coach- und Trainer-Verbänden und Unternehmer. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich individuelle Resilienz und Prosilienz®, resilienter Führung und Teamresilienz. Er ist Initiator des jährlichen Resilienz-Online-Kongresses, in dessen Rahmen er sich bereits mit über 240 weiteren Resilienzexpert:innen aus verschiedenen Disziplinen ausgetauscht hat (www.Resilienz-Kongress.de) sowie des Resilienz-Podcasts Rethinking Resilience (www.Rethinking-Resilience.com).

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